deb.
Von: Pfr. Andreas Fischer
Debora Monfregola ist eine Basler Jazzsängerin, Songwriterin und Gesangslehrerin. Mit ihrer Musik, sagt sie, teste sie eigene Grenzen aus. Am kommenden Sonntag, 14. April, tritt Debora Monfregola im Rahmen einer Benefizveranstaltung zugunsten des „Project Agora“ im reformierten Kirchgemeindehaus Kaiseraugst auf
Debora Monfregola (Foto: Peter Koehl)
Aufgewachsen sei sie in Riehen, erzählt Debora Monfregola, zur Schule sei sie ins Gymnasium Bäumlihof gegangen und habe anschliessend bis zum Bachelor am Jazzcampus in Basel studiert. „Und dann hat es mich nach Zürich verschlagen“, sagt sie lachend zum Zürcher, in dessen alter Heimat man sich trifft, in einem Café in der Nähe des Albisriederplatzes.
An der ZHdK, der Zürcher Hochschule der Künste, schloss Debora Monfregola 2020 ihr Studium in Jazzgesang ab. Heute unterrichtet sie an der Musikschule Konservatorium Zürich Sologesang. Doch ihr Lebensschwerpunkt bleibt die Stadt am Rhein, wo sie – in Kleinbasel – wohnt und wo sie ihre diversen Projekte vorantreibt.
Da ist, zum Beispiel, „Stageproject“, eine Theatergruppe, der sie seit der Gründung vor elf Jahren angehört und bei der sie in den letzten Jahren die musikalische und auch die Projektleitung übernommen hat. Da ist „Cafe da Manhã“, eine Band, die sie 2016 gemeinsam mit dem brasilianisch-schweizerischen Gitarristen Daniel Messina gegründet hat, die brasilianische Musik macht und 2020 ihr erstes Album, „Uma tarde de nostalgia“, auf den Markt gebracht hat. Da ist deb., „deb.“, sagt Debora, „ist mein ureigenes Projekt. Letztes Jahr haben wir unser Debütalbum herausgegeben, ‚Balancing Act‘.“
Viel Seele
Die Musik – „ein Mix von eingängigen Jazz-Orchestrierungen mit verträumten Pop-Melodien“ – schreibt sie ebenso selber wie die Songtexte. Diese befassen sich mit den Höhen und Tiefen in einer Beziehung. „Beziehungen“, sagt Debora Monfregola, „gleichen einer Fahrt aufs offene Meer“. Sie versteht ihre Songs als „Oden an unsere Versuche, destabilisierende Emotionen auszubalancieren, und als Erinnerung daran, dass es okay ist, sich zu verändern, sich in verschiedene Richtungen zu entwickeln“.
Die Frage des neugierigen Gesprächspartners, ob sie in ihren Texten persönliche Erfahrungen verarbeite, lässt sie unbeantwortet. Man sitzt, das wird im Gespräch deutlich, einer professionellen Sängerin und Songwriterin gegenüber, der es um ihre Musik geht, nicht um eine Homestory. Dass in dieser Musik aber viel Seele steckt, ist spürbar, wenn man die Songs – diese Intimität, Transparenz, schutzlose Direktheit – hört und auch, wenn Debora Monfregola darüber spricht. „deb.“, sagt sie, sei „aus dem Wunsch entstanden, die eigenen Grenzen auszutesten.“ Mit dem Support ihrer hochklassigen Musikerfreund:innen sei sie weit gekommen.
Post-Genre
Ob sie von ihrer Musik leben könne? „Klar arbeite ich mehr, viel mehr, als ich verdiene“, sagt Debora. Das gehöre zur Selbständigkeit. „Da gehören auch Zeiten dazu, wo man nicht mehr mag. Und man wünschte sich, dass man besser, auch fairer entlöhnt würde. Doch die Selbständigkeit hat auch Vorteile. Ich kann wirklich an dem dran sein, was mir wichtig ist, was ich will und was Freude macht.“
Für die Zukunft wünscht sie sich, mehr Zeit für ihre musikalischen Projekte zu haben. Dass sich die Projektarbeit etabliert und auch finanziell rentiert. Das gilt auch für das „Project Agora“, mit dem sie sich derzeit intensiv beschäftigt. „Project Agora“, erzählt sie, „ist ein Festival, das versucht, das Konzept des ‚Post-Genre‘ in die Realität umzusetzen.“
Was „Post-Genre“ bedeute, fragt man nach. „Wir suchen“, sagt Debora, „Musiker:innen, die in ihrem eigenen Genre top sind, also zum Beispiel im Jazz, Pop, Hiphop, Jodeln, Obertonsingen, Punk, in der Klassik und so weiter. Und dann fragen wir sie, ob sie bereit seien, mit Musiker:innen aus anderen Bereichen zusammenzuarbeiten. Wir versuchen, Grenzen zu überwinden; Stile verschwimmen, verschmelzen ineinander, es entsteht Neues, von dem man vorher keine Ahnung hatte.“
Das Project Agora findet dieses Jahr zum dritten Mal statt. Letztes Jahr war Debora Monfregola erstmals im Organisationsteam mit dabei. „Stiftungen anschreiben, überhaupt das Sponsoring, die Zeitplanung, Deadlines setzen usw.“, sagt sie, „all das ist sich bei allen Projekten ähnlich.“
Ihr Knowhow ist bei der Musikertruppe hochwillkommen. „Doch das wirklich Spannende“, fährt Debora fort, „ist das Line-Up, also das Erstellen des Programms. Das macht unheimlich Spass. Jedes Jahr suchen wir neue Formationen, alles beginnt gleichsam bei null. Unsere Aufgabe als Leitungsteam ist nicht nur organisatorischer Art. Wir bringen die Musiker:innen wirklich in Kontakt miteinander. Das braucht Vertrauen, wir vertrauen ihnen, sie vertrauen uns. Man muss sich auf den Prozess einlassen, es ist ein sehr persönlicher Weg, den man da gemeinsam geht, man macht sich darin auch verletzlich.“
Debora Monfregola hat italienische Wurzeln. Ob ihre Affinität für das Project Agora mit der eigenen Multikulturalität zu tun habe? Sie verneint. „Eher mit meiner Person“, vermutet sie. „Ich wusle gern in verschiedenen Welten, Städten, Sprachen herum. Ich spreche ausser Deutsch und Italienisch auch Spanisch, Englisch, Portugiesisch und Schulfranzösisch. Aber ich meine ‚Sprache‘ auch im übertragenen Sinn. Ich liebe es, wenn Menschen mit verschiedenem Hintergrund zusammenkommen. Unter den Musiker:innen gibt es solche, die keine Noten lesen können, dafür aber ein fantastisches Musikgehör haben. Und im Publikum sitzen solche, die blutjung sind, andere sind betagt, über achtzig. Gerade sie sollen bitte kommen! Und zwar nicht nur in die Gare du Nord, wo traditionell die gesetzteren Leute hingehen, sondern auch ins Gannet, wo sich sonst nur die Jungen tummeln.“
Blind Dates
Von den Kooperationen des letzten Jahres sind einige weitergegangen. Es gibt gemeinsame Gigs, zwei Musiker:innen haben sogar ein gemeinsames Post-Genre-Album aufgenommen. Das, sagt Debora, sei genau die Idee. „Jemand hat gesagt, das Project Agora organisiere Blind Dates. Manche matchen, dann geht es weiter durch Ups and Downs, es ist dann eben, wie in einer Beziehung, eine Reise ins Offene, immer im Wissen darum, dass sich die Wege auch wieder trennen können.“
Auch Deboras Weg geht weiter. Sie fährt von Zürich direkt nach Italien, wo sie ihre Mutter besucht. „Auch das“, sagt sie, „gehört zu den Privilegien der Selbständigkeit, dass man sich solche Auszeiten einrichten kann.“
Kasten:
Am kommenden Sonntag, 14. April, tritt Debora Monfregola im Rahmen einer Benefizveranstaltung zugunsten des „Project Agora“ im reformierten Kirchgemeindehaus Kaiseraugst auf (Gottesdienst, Apero riche, Konzert „Classic meets Jazz“; Beginn 10 Uhr, detaillierte Angaben: www.ref-rheinfelden.ch). Das „Project Agora“ findet vom vom 3.-5. Mai in Basel statt (detaillierte Angaben: www.projectagora.ch).
Andreas Fischer, reformierter Pfarrer in Kaiseraugst
«fricktal24.ch – die Online-Zeitung fürs Fricktal»