Jungwacht Blauring fordert Reformen in der kath. Kirche
Von: mm/f24.ch
Die kürzlich veröffentlichte Missbrauchsstudie deckte über 1'000 Missbrauchsfälle im kirchlichen Umfeld auf. Die Kirche vertuschte diese Fälle über Jahre. Der grösste katholische Kinder- und Jugendverband Jungwacht Blauring (Jubla) Schweiz fordert nun in einem offenen Brief eine lückenlose Aufklärung der Missbrauchsfälle und Reformen innerhalb der katholischen Kirche.
Mit über 33'000 Mitgliedern ist Jungwacht Blauring der grösste katholische Kinder- und Jugendverband in der Schweiz. Zehntausende Erziehungsberechtigte vertrauen ihre Kinder der Jubla an und verlassen sich auf eine professionelle Betreuung. Umso erschreckender für die Jubla ist die hohe Zahl aufgedeckter Missbräuche durch kirchliches Personal in der veröffentlichten Missbrauchsstudie. Der Missbrauch wurde über Jahrzehnte vertuscht und die Interessen der Kirche und der Täter über die Interessen der Betroffenen gestellt.
Der von Historikerinnen und Historiker der Universität Zürich verfasste Bericht führe dazu, dass ehrenamtlich engagierte Jubla-Mitglieder in der Öffentlichkeit vermehrt kritisch angesprochen würden. Man stelle sie in eine Ecke mit jenem Teil des Systems der katholischen Kirche, den die Jubla seit Jahren ablehne. Stattdessen sollte vielmehr ihr hochwertiges und sinnvolles Engagement für die Kinder- und Jugendarbeit im Vordergrund stehen.
Schutz von Kindern und Jugendlichen hat in der Jubla höchste Priorität
Der Schutz der Kinder und Jugendlichen habe in der Jubla höchste Priorität. Die Schutzmassnahmen innerhalb des Verbands würden in Zusammenarbeit mit Fachexpert:innen und Fachpartner:innen stetig weiterentwickelt und orientierten sich an den Vorgaben von Swiss Olympics (Ethik Statut). Während die Jubla ihre Schutzmassnahmen stetig weiterentwickele, tuet sich bei der katholischen Kirche viel zu wenig.
Es braucht Reformen in der katholischen Kirche
Seit Jahren mache sich Jungwacht Blauring für positive Veränderungen und eine Modernisierung in der katholischen Kirche stark. Die Geschäftsleiterin der Jubla Schweiz, Andrea Pfäffli, fordert jetzt Veränderungen: «Die Missbrauchsstudie hat einmal mehr gezeigt, wie dringend notwendig solche Veränderungen sind. Die aktuellen Strukturen in der katholischen Kirche haben Missbrauch und dessen Vertuschung begünstigt.» Auch die Synode im Rom habe keine konkreten Ergebnisse geliefert. Die fehlenden Entscheidungen seien enttäuschend.
Die Jubla fordert aus diesem Grund in einem offenen Brief die Schweizer Bischofskonferenz auf, dringend notwendige Veränderungen in der katholischen Kirche endlich umzusetzen. Konkret werden acht Forderungen gestellt:
- Externe Überprüfung von Missbrauchsfällen der letzten 40 Jahre sowie Zusicherung eines Berufsverbots für Missbrauchstäter:innen:
Die aufgedeckten Missbrauchsfälle müssen extern untersucht werden und es muss sichergestellt werden, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. - Transparente Aufarbeitung und Verantwortungsübernahme bei Missbrauchsfällen:
Es braucht eine externe Aufarbeitung der Vorfälle in den letzten Jahren. Eine interne Aufarbeitung ist unzureichend. - Gleichstellung aller Geschlechter:
Die Bischöfe sollen sich in Rom für die Frauenweihe einsetzen. Gleichzeitig braucht es in allen Positionen innerhalb der katholischen Kirche eine breitere Vertretung aller Geschlechter. Dies beschränkt sich nicht nur auf männlich und weiblich. - Anerkennung von queeren Menschen:
Die katholische Kirche soll alle Beziehungsformen akzeptieren und eine Eheschliessung ermöglichen – auch bei queeren Beziehungsformen. Auch Priester:innen sollen zukünftig ein Recht auf Beziehungen und eine gelebte Sexualität haben. - Schutz der Privatsphäre von kirchlichen Angestellten:
Ab sofort müssen die gewählte Beziehungsform des kirchlichen Personals Privatsache sein. Dies darf keinen Einfluss auf die Anstellung haben. - Gegen die kirchliche Angstkultur und für eine transparente Personalpolitik:
Beim Kirchenpersonal herrscht noch immer eine «Kultur der Angst». Arbeitnehmende haben Angst vor Sanktionen, aufgrund ihrer privaten Lebensführung, wenn diese nicht dem Idealbild der Kirche entspricht. Es braucht eine externe Beratung des kirchlichen Personalmanagements und der Personalrekrutierung. - Abgabe von Macht:
Die Schweiz ist eine Demokratie, die katholische Kirche entspricht eher einer männlichen Monarchie. Es braucht mehr demokratische Strukturen in der katholischen Kirche. Die Leitung muss verteilt werden und es braucht ein unabhängiges kirchliches Straf- und Prozessgericht. - Präventionsarbeit gemeinsam mit der kirchlichen Jugendarbeit ausbauen:
Für die künftige Verbesserung der Präventionsarbeit, von Schutzkonzepten und Verhaltenskodexen fordern wir, dass die Jugendverbände mehr miteinbezogen werden. Die Jubla und weitere Jugendverbände verfügen über Expertise in diesem Feld und viele Eltern vertrauen ihnen ihre Kinder zurecht an.
Diese Forderungen sieht die Jubla als notwendig an, damit Missbrauch verhindert wird und Menschen nicht diskriminiert sowie ausgeschlossen werden. «Die Jubla sieht sich auch weiterhin als Teil der katholischen Kirche» so Pfäffli, «Wir sehen uns allerdings als Repräsentantin einer aufgeklärten und fortschrittlichen, gleichwürdigen katholischen Kirche. Einer katholischen Kirche, die offen ist für Veränderungen und die alle Menschen gleichbehandelt.».
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