Ich hatte eigentlich keine Ferien geplant. Aus zwei Gründen. Erstens: Weil ich mir nicht sicher bin, ob ich mit dem Spielgeld aus dem Kaufladen meiner Tochter bezahlen kann. Zweitens: Weil ich nicht wusste, wann die Zeit dazu nehmen.
Meine Freundin hat dann allerdings all ihre Überzeugungskünste an mir ausprobiert, bis ich weich wurde. Das »Problem« mit dem Spielgeld und der Ressource Zeit werde ich schon irgendwie lösen. Ihre Worte rauschten wie der Ozean in meine Ohren, schon meinte ich, das Salz und die Fische zu riechen, den warmen Sand zwischen meinen Zehen zu verspüren. Ihre invasiven Anrufe fielen just in die kalte Periode, die wir noch bis vor ein paar Tagen schlotternd über uns ergehen liessen. Nicht verwunderlich also, dass sie mich rumgekriegt hat. Wir einigten uns auf also auf «Spontan-Ferien», auf ein «Last Minute» Angebot.
Surfstunden bis zum Morgengrauen Alsdann verbrachte ich unzählige Stunden mit Surfen auf den Webseiten der Reiseveranstalter für «Last Minute» Angebote; mit gekrümmten Rücken über meinem Combi die Wissenschaft der Ferienangebote studierend. Meine Surfstunden reichten zuweilen bis in die früheren Morgenstunden, wo man einen weissen von einem schwarzen Faden zu unterscheiden begann. Ich hätte wohl vorher einen Kurs «Wie interpretiere ich die Kategorien der Ferien-Angebote» und «Wie lese ich das Kleingedruckte» absolvieren sollen.
Es gibt nichts Schlimmeres, als Ferienangebote zu studieren! Das Unterfangen entpuppte sich schlussendlich als dermassen aufreibend, dass ich nach einer Woche erhöhten Tabkabkonsums und schwarzen Ringen unter den Augen den Plan mit Urlaub aufgab. Ich verfluchte die Reiseveranstalter. Da gab es zum Beispiel «Last Minute Angebote», die mit Preisen ab 400 Franken geködert waren. Als ich mich durch die verschiedenen Filter arbeitete, stellte sich heraus, dass sich diese Billigangebote nur auf Flughäfen in Deutschland bezogen. Glaubte ich einmal, ich sei fündig geworden mit einem Hotel, dass meinen Vorstellungen entsprach, entdeckte ich, dass dieses Angebot nur den Flug beinhaltete oder erst ab Mitte August zu buchen ist. Natürlich alles klein geschrieben, versteht sich. Ausserdem: Bei allen Angeboten werden Kinder überhaupt nicht berücksichtigt, man bezahlt für sie den vollen Preis. Nur bei zwei Vollzahlenden wird bei einigen wenigen Anbietern eine Reduktion gewährt. Ein Affront gegenüber allen Alleinerziehenden, welche – das weiss man mittlerweile – nahezu ein Viertel der Bevölkerung ausmachen. Diese Kategorie von Klientel aber scheint im Reisebusiness nicht zu existieren. Das grösste Übel überhaupt: Familien mit schulpflichtigen Kindern sind gezwungen, in der Hochsaison ihre Ferien zu nehmen. Da hat man nicht die Qual der Wahl, sondern einfach nur noch die Qual.
Zurück aus den Ferien und alles beim alten Um so länger ich über Ferien nachdachte, um so mehr wurde mir bewusst, dass allein die Vorbereitungen dazu mit soviel Stress und Frust verbunden sind, dass es geruhsamer sei, zu Hause zu bleiben und das vielseitige Angebot in der Region zu nutzen, zumal bei uns mittlerweile auch fast tropische Temperaturen herrschen. Im Gespräch mit anderen fand ich heraus, dass ich mit meinen Gedanken nicht allein bin. Es verzichten einige auf Ferien aus dem gleichen Grunde. Ausserdem braucht man für gewöhnlich etwa eine Woche, um sich überhaupt ans Nichtstun zu gewöhnen, um Distanz zu gewinnen vom Alltag und den damit verbundenen Sorgen. Kommt hinzu, dass es nicht allen gelingt, ihre Sorgen hinter sich zu lassen, die werden nämlich oft gleich miteingepackt. Von Entspannung im tatsächlichen Sinne – insbesondere mit Kindern – kann nicht gesprochen werden. Ein weiterer negativer Aspekt ist die Tatsache, dass sich beim Arbeitsplatz von überlasteten ArbeitnehmerInnen nichts geändert hat, wenn sie wieder zurück sind, ausser dem Stapel mit aufzuarbeitenden Pendenzen: Der doofe Chef, der sich gerne mit den Lorbeeren seiner Mitarbeiter schmückt, ist immer noch da, die neidische Kollegin, die einem hinter dem Rücken beim Boss anschwärzt, das kalte Betriebsklima, der lausige Lohn ebenso. Und die Unterfoderten müssen von neuem Däumchen drehen. Nein, rational gesehen lohnt es sich gewiss nicht, in die Ferien abzuhauen.
Wider jeder Vernunft: Ein bisschen Palme, ein bisschen Meer – danach sehn‘ ich mich sehr Und doch ... was gäbe ich nicht dafür, eine Woche nicht kochen, den Haushalt führen und waschen zu müssen! Wie sehr sehne ich mich danach, dem Rauschen des Meeres zu lauschen, gebratenen Fisch aus dem Mittelmeer zu verspeisen, lange Spaziergänge an einem von Palmen gesäumten Strand zu unternehmen und einen Sonnenuntergang am Meer zu beobachten! Da ich glücklicherweise weder einen doofen Chef noch eine neidische Kollegin habe, bleibt das Restrisiko des Stresses, der abverlangt wird, um ein geeignetes Ferienziel auszusuchen. Diese Aufgabe habe ich inzwischen an meine Freundin delegiert, die fortan jeden zweiten Tag an den Flughafen speedet, um mit dem Anbieter zu verhandeln. Nun winken uns vielleicht ein paar Tage Ferien an einem noch unbekannten Ferienziel. «48 hours», heisst der Grundsatz der Last Minute Angebote. Bleibt zu hoffen, dass wir nicht an einem von Medusen übersäten Strand landen, sowenig wie an der italienischen Riviera, wo die Algen sich tonnenweise im Meer häufen und schon gar nicht an einem Ort, wo Touristen wegen der Waldbrände aus ihren Hotels evakuiert werden müssen!
Ich habe zwei Tage Zeit, mich seelisch auf «somewhere out there» vorzubereiten. Der Koffer ist schnell gepackt, die Pässe bis 2018 gültig und der Reiseveranstalter wird derart überlastet sein, dass er nicht merkt, dass ich mit Falschgeld... ähhh, mit dem Spielgeld aus dem Kaufladen meiner Tochter bezahle. Und die Zeit für Ferien stehl ich mir jetzt einfach.
Fortsetzung folgt nach den Ferien. Ahoi!
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